Auf dem Sommertreffen 2019 konnte erstmals mit der Flugerprobung der FVA 29 begonnen werden. Für die FVA und besonders das Projektteam ein Erfolg, so arbeiten wir Studierende doch intensiv an dem Projekt seit nunmehr über sechs Jahren.
In der Folge der Flugerprobung im vergangenen Jahr konnten einige Ergebnisse für die kommende Werkstattarbeit abgeleitet werden. Das gesamte System wurde insbesondere im Bereich der Sensorik an Stellen wie den Anschlagschaltern robuster ausgelegt und die Verkabelung optimiert. Die berühmten letzten 10% kosteten auch hier wieder überproportional viele Arbeitsstunden, stellten sich im Endeffekt aber als wertvoll für die Vorbereitung der Flugerprobung auf dem Sommertreffen 2020 heraus.
Nicht unerwähnt bleiben soll die sehr intensive Arbeit an der Antriebsbatterie. Für Demonstrationsflüge mit angetriebenem Motor greifen wir aktuell auf unsere in Bodenversuchen eingesetzte und neu konfektionierte Laborbatterie als „Übergangsbatterie“ zurück. In Absprache mit dem Luftfahrt-Bundesamt (LBA) sind die für die Zulassung geforderten Tests bestimmt worden. Mittelfristig soll die Durchführung erfolgen. Das Projekt Batteriebau ist in jeder Hinsicht der komplexeste Entwicklungsschritt. Einerseits ist der gewonnene Erfahrungsschatz sehr bedeutsam, andererseits wartet unser funktionierendes Gesamtsystem auf seine Energiequelle.
Überblick Flugerprobung bisher
Das Ziel des dreiwöchigen Sommertreffens 2019 waren allgemeine Systemtest zum Aus- und Einfahren des Mastes. Dazu wurde die FVA 29 ohne Antriebsbatterie und dadurch nur mit stehendem Triebwerk geflogen. Darüber hinaus konnten mit ausgefahrenem Mast Abreißgeschwindigkeiten sowie Sinkflugpolaren erflogen werden. In beiden Fällen war der Propeller fixiert, um ein unkontrolliertes Drehen durch Anströmung (Windmilling) zu verhindern. Neben der mechanischen Propellerbremse wirkt bei angeschlossener Antriebsbatterie normalerweise das Haltemoment des Elektromotors. Die Ergebnisse waren wie beschrieben aufschlussreich.
Plan Sommertreffen 2020
Nachdem in diesem Jahr fleißig an der Entwicklung der Ersatz-Antriebsbatterie, auch Übergangsbatterie genannt, gearbeitet wurde, mussten wir im Vorlauf des Sommertreffens leider feststellen, dass der Einsatz der Antriebsbatterie nicht möglich sein würde. Die finale Verkabelung der Leistungselektronik sowie die Genehmigung durch das LBA waren zeitlich nicht zu stemmen. Dennoch, die drei Wochen Sommertreffen sind jedes Jahr wertvoll zur Flugerprobung und Datensammlung.
Vor allem zwei Folgerungen aus dem vergangenen Jahr sollten untersucht werden: 1. der Umbau der Staudruckabnahme in den Rumpfbug statt dem Seitenleitwerk und 2. der Austausch der Anschlagschalter zur Reduzierung der Fehleranfälligkeit für Falschmeldungen.
Die Staudruckabnahme (1.) wurde gemäß technischer Mitteilung des Herstellers Alexander Schleicher in die Rumpfnase gebaut. Hierdurch soll eine ordnungsgemäße Fahrtmesseranzeige auch bei ausgefahrenem Mast gewährleistet sein. Eine Kalibrierung soll über den Fahrtmesser sowie die Fahrtanzeige des E-Varios durchgeführt werden.
Die Anschlagschalter (2.) wurden als mechanische Tastschalter ausgeführt. Dadurch sollen der Zustand „ausgefahren“ und „eingefahren“ robuster detektiert und im Bediengerät angezeigt werden. Die vorherigen Reed-Näherungsschalter erwiesen sich für die Anwendung als ungeeignet. Weitere Aus- und Einfahrtests sollen hierzu weitere Daten für die Dauer der entsprechenden Verfahrzeiten sammeln und darüber hinaus einen sicheren Systemablauf bestätigen.
Zwei weitere Aspekte sollten das Testprogramm ergänzen. Zum einen sollte eine Sensorbox im Motorkasten installiert werden und neben Fahrt und Höhe für den zugehörigen Flugzustand die Beschleunigungen auf das System (x, y, z) aufzeichnen. Die Beschleunigungsdaten liefern Erkenntnisse für die Konstruktion der Antriebsbatterie und ihrer Belastung im Rumpf. Zum anderen sollte ein Ausfall der Bremswirkung des Motors abgebildet und die resultierende Windmilling Drehzahl des frei drehenden Systems ermittelt werden. In dieser Konfiguration soll die Sinkrate ermittelt werden, um für das Handbuch und die Zulassung entsprechende Werte nachweisen zu können.
Die Ergebnisse der Flüge werden jeweils von der Pilotin bzw. von dem Piloten zusammengefasst und in einem standardisierten Flugbericht schriftlich festgehalten. Im Nachhinein werden die Protokolle um die Logdateien der Engine Control Unit (ECU) ergänzt. Im Bediengerät laufen alle Daten zum Zustand des Antriebssystems zusammen und werden laufend aufgezeichnet. Nach jedem Flugtag wird die Logdatei ausgelesen, eine spätere Analyse ist somit möglich.
Durchgeführte Erprobungsflüge und Maßnahmen
Insgesamt konnten acht Flüge zur Erprobung des Systems durchgeführt werden. Bei sechs weiteren Starts konnte die Belastung im Motorkasten mithilfe der IMU (Inertial Measurement Unit) in der Sensorbox erfolgreich ermittelt werden. Zufrieden blicken wir auf 23:05 h Flugzeit auf dem Sommertreffen 2020, welche sich auf 23 Starts verteilt.
Die ersten drei Flüge dienten zur Kalibrierung der neuen Staudruckdüse im Bug des Flugzeugs. Bei ausgefahrenem Mast wird die eigentliche Multidüse im Seitenleitwerk so turbulent angeströmt, dass eine Fahrtmesseranzeige mit +/- 20km/h das korrekte Bestimmen der angezeigten Geschwindigkeit unmöglich gemacht hatte. Das E-Vario und der Fahrtmesser wurden untereinander abgeglichen und in unterschiedlicher wie auch gleicher Verschlauchung mit der Bug- und der Leitwerksstaudruckabnahme kombiniert. Die Ergebnisse fielen positiv aus, die Staudruckabnahme im Bug kann einwandfrei als Option verwendet werden. Im Langsamflug zeigt sich eine stabilere Anzeige am Leitwerk, die Abnahme am Rumpfvorderteil scheint bei sehr hohen Anstellwinkeln durch den Rumpfeinlauf nicht unbeeinflusst zu sein.
Die zweite Woche des Sommertreffens stand ganz im Zeichen der Wartung und Anpassung der FVA 29. Ein in der ersten Woche spontan aufgetretenes Problem an der Spindel konnte gelöst werden und eine neue Steuerschaltung wurde erfolgreich integriert. Gegen Ende der Woche konnten die Funktion aller Sensoren und Aktuatoren getestet und mit den aus der ECU ausgelesenen Werten validiert werden. Die einwandfreie Funktion in der scharfen Flugerprobung war sicherstellt. Dies war wichtig, um das korrekte Sammeln von Ergebnissen zu gewährleisten.
Flüge mit Aus- und Einfahrtests waren die Folge. Das Ausfahren funktionierte einwandfrei. Die Anschlagschalter detektierten die entsprechenden Zustände problemlos. Ein robuster Einsatz der Positionssensoren ist damit gewährleistet. Die Verfahrzeiten bestätigen die Ergebnisse des vergangenen Jahres. Im Durchschnitt benötigt das System sechs Sekunden zum Ausfahren und gar nur drei Sekunden zum Einfahren. Diese Resultate decken den definierten Geschwindigkeitsbereich zur Verwendung der Heimkehrhilfe von 90 bis 130 km/h ab.
In Woche 3 konnte die Sensorbox inklusive Logger zum Einsatz gebracht werden. Dadurch können valide Informationen gewonnen werden, die eine Bewertung unserer Konstruktion und Ausführung ermöglichen. In Aachen werden die Daten für die exemplarischen Flüge ausgewertet. Wie bereits vermutet stellen das Startrollen sowie die Landung die größten Belastungen dar. Die Aufnahme mit 30Hz konnte Beschleunigungen bis 2,3g identifizieren. Im Flug selbst sind keine Lastspitzen zu erkennen. Die entsprechenden Maximalwerte lassen darauf schließen, dass die sehr kurzzeitigen Belastungen als Extremfälle gewertet werden können und keine dauerhafte Belastung darstellen.
Zur Ausnutzung der ruhigen Luft ohne Vertikalbewegung startete die FVA 29 „Windmilling-Flug am frühen Morgen. Die Propellerbremse wurde demontiert, sodass der Propeller frei und ungebremst drehen kann. Mit ausreichender Höhe wurde begonnen, ein Höhenstufenverfahren zu fliegen. Hierbei wird nach festgelegten Zeitintervallen die abgeglittene Höhe notiert. Die Geschwindigkeit wird konstant gehalten. Die Sinkleistung der Segelflugzeugs nimmt dabei geringfügiger ab als erwartet. Das Abgleiten bei feststehendem Propeller im vergangenen Jahr zeigte deutlich höhere Sinkgeschwindigkeiten auf. Somit liegen aktuelle drei Sinkflugpolaren für den Geradeausflug vor: reiner Segelflug, ausgefahrener aber stehender Mast sowie ausgefahrener Mast und ungebremster Propeller (Windmilling). Der Geschwindigkeitsbereich umfasste 90 bis 130 km/h in 10er Schritten. Aktuell wird die jeweils zugehörige Drehzahl des Propellers ermittelt. In der Analyse wird ein Programm geschrieben, welches eine Markierung auf dem Propellerblatt detektiert und dadurch per Winkeländerung bei bekannter Bildrate eine Drehzahl bestimmen kann. Ergebnisse stehen noch aus. Ein Nebeneffekt des Fluges war der Nachweis zur Landung mit ausgefahrenem Triebwerk. Aufgrund der ausgebauten Bremsvorrichtungen musste mit drehendem Propeller gelandet werden. Erfreulicherweise funktionierte dies einwandfrei. Einzig beim Aufsetzen gab die Bedieneinheit, die ECU, das Signal aus, dass der Positionssensor ausgefahren instabil sei. Dies resultierte jedoch nur für einen Moment und das Signal war zum Ausrollen wieder stabil angezeigt.
Ergebnisse und Ausblick
Insgesamt wurden die Ergebnisse des Sommertreffens für die FVA 29 positiv bewertet. Es konnten einige wichtige Punkte aus dem Vorjahr bestätigt werden und darüber hinaus zusätzliche Punkte des Erprobungsprogramms erflogen werden. Der laufende Betrieb ermöglicht darüber hinaus die direkte Optimierung vor Ort und es gab einen Motivationsschub für alle Beteiligten, den wir bis nach Aachen mitnehmen konnten.
Für das Team FVA 29: Emil „Teflon“ Pluta, FV Achen
Titelbild: Tobias Barth