Flugerprobung fs35

Das Sommertreffen in Stendal war der erste größere Reiseflug der fs35. Beginnend am Heimatflugplatz der Akaflieg Stuttgart in Bartholomä ging es morgens auf nach Rothenburg ob der Tauber zum Tanken und schließlich weiter nach Stendal. Die Gelegenheit dieses längeren Fluges wurde direkt genutzt um die Reiseflugleistungen der fs35 abzuschätzen. 

MotorleistungIASTASKraftstoffverbrauchKommentar
15 %100 bis 105 km/h118 bis 123 km/h4,9 Liter / StundeLeistungshebel auf Leerlauf
20 %110 bis 111 km/h129 bis 130 km/h6,8 Liter / Stunde 
25 %120 km/h141 km/h8,4 Liter / Stunde 
30 %135 km/h159 km/h9,5 Liter / Stunde 
46 %170 km/h200 km/14,4 Liter / Stunde 
Übersicht der fs35 Leistungsdaten


Vollgetankt wie bei den Überführungsflügen stehen in der fs35 etwa 110 Liter ausfliegbarer Treibstoff zur Verfügung, was beachtliche Reichweiten zu erwarten lässt. Interessant ist hier auch das in größeren Flughöhen die Leerlaufleistung des Dieselmotors auf 15% erhöht ist und einen Horizontalflug im Leerlauf ermöglicht. Das ist notwendig damit für eine zuverlässige Selbstzündung des Kraftstoffs im Brennraum ausreichend Druck und Temperatur vorhanden ist. Nach einem geplanten Übungsanflug mit Durchstarten auf der ungewohnt 2km langen Bahn wurde Stendal nach insgesamt 3:20 h Flugzeit erreicht. 

Überführungsflug über den Wolken

In Stendal starteten wir montags direkt mit Flugversuchen und flogen die letzten zwei offenen Geschwindigkeitspunkte der Fahrtmesserkalibrierung mithilfe der GPS-Methode. Dazu werden in ruhiger Luft Vierecke mit konstanter Höhe, Fluggeschwindigkeit und Richtung schiebefrei geflogen. Mit den GPS-Daten der integrierten Avionik werden, anschließend Geschwindigkeit und Richtung über Grund ausgewertet, woraus die wahre Fluggeschwindigkeit (True Airspeed TAS) berechnet wird. Aus den notierten Daten zu Luftdruck und Temperatur kann man schließlich die Luftdichte und daraus eine kalibrierte angezeigte Fluggeschwindigkeit (Calibratet Airspeed CAS) berechnen. Diese wird abschließend mit der angezeigten Fluggeschwindigkeit verglichen und somit kann der Fehler zwischen CAS und IAS, welcher durch die Installation der Fahrtmesseranlage entsteht, bestimmt werden. Hier ist die Kalibrierkurve so wie in fast jedem Flughandbuch im Diagramm dargestellt. 

Als nächstes Stand die Kalibrierung der Anstellwinkelwarnung (Stallwarnung) an. Die fs35 ist unter dem linken Flügel mit einem zwei-Loch Pitot-Rohr ausgerüstet. In Verbindung mit dem Dynon System ist es damit möglich bei zu großen Anstellwinkel den Piloten mit einer akustischen Warnung und optischen Anzeige vor einem beginnenden Strömungsabriss zu warnen. Das ist ein wichtiges Sicherheitsfeature und durch die für uns anzuwendende Bauvorschrift zum später geplanten F-Schlepp empfohlen. Die Anstellwinkelanzeige ist am Bild Türkis markiert.

Alle relevanten Informationen werden in der fs35 auf zwei Dynon-Glascockpits dargestellt

Für die anstehende F-Schlepp Erprobung wurde ein Schleppspiegel für die Sicht nach hinten und eine Schleppkamera installiert und getestet. Beide Systeme ermöglichen es den Segelflieger im Blick zu behalten. In der fs35 war ausschließlich die Installation einer Kamera vorgesehen. Da wir jedoch noch keine Erfahrungen mit Schleppkameras hatten, entschieden wir uns im Rahmen der Flugerprobung zusätzlich einen herkömmlichen Spiegel zu montieren und als Sicherheitssystem zu verwenden.

Auch die Rückflugkamera für den F-Schlepp Betrieb ist im Dynon integriert

Neben der durchgeführten Fahrtmesserkalibrierung mit der GPS-Methode haben wir eine Fahrtmesserkalibrierung mit einer Schleppsonde durchgeführt, um beide Methoden hinsichtlich Anwendbarkeit und Genauigkeit zu vergleichen. Das Schleppsondenverfahren wird standardmäßig bei Segelflugzeugen angewendet, da es nicht möglich ist die Höhe konstant zu halten. Bei der fs35 wurde dazu unten an der Rumpfröhre mit ca. 30m Schlauch eine Schleppsonde mit Schleppkegel befestigt. Praktischerweise ist der fs35 Rumpf bereits vorbereitet eine Seileinzugsvorrichtung auf der Gepäckablage zu installieren und besitzt daher die Möglichkeit ein Rohr zu befestigen, welches vom Rumpfende bis zum Gepäckfach reicht. Hierdurch wurde der notwendige Druckluftschlauch ins Cockpit zum Referenzfahrtmesser verlegt.  

Der Schleppkegel hängt unterm Rumpf und wird im Flug hinter der Flugzeug hergezogen

Am Bild sieht man die Schleppsonde mit Schlauch vorbereitet für den Flugversuch. Am Start wurde der aufgerollte Schlauch mit der Sonde hinter dem Flugzeug ausgelegt, welche beim Start bis zum Abheben auf der Grasbahn rutscht. Im Flug hängt der Schlauch mit der Sonde für die Druckabnahme ca. 30m hinter dem Flugzeug und wird durch den Kegel zwei Meter dahinter stabilisiert. Das an dieser Stelle abgenommene Drucksignal wird über den Schlauch ins Cockpit geführt und an einem Referenzfahrtmesser angezeigt. Dadurch kann man die Qualität der statischen Druckabnahme für die Fahrtmesseranzeige an der Rumpfröhre der fs35 beurteilen.

Im Flug wurde dann der derzeit freigegebene Geschwindigkeitsbereich in kleinen Schritten im Horizontalflug und im Steigflug abgeflogen. Dabei wurden die Messwerte des Referenzfahrtmessers und des Flugzeugfahrtmessers aufgezeichnet. Leider stellte sich heraus das der Schlauch und der Kegel im Horizontalflug in den Turbulenzen des Propellers fliegt und dadurch stark taumelt. Das führte dazu, dass der Messwert am Referenzfahrtmesser erheblich oszilliert und kaum verwertbar war. Im Steigflug funktionierte das Verfahren besser da hier die Propellerwirbel aufgrund des großen Steigflugwinkel der fs35 unter dem Schleppkegel bleiben und die Sonde stabil fliegt.

Aus unserer Erfahrung schlussfolgern wir, dass Verfahren mit einer Schleppsonde mit dieser Anordnung nicht geeignet ist um die Kalibrierkurve des Fahrtmessers im Horizontalflug, bei laufendem Triebwerk aufzunehmen. Ursache des Problems sind unserer Meinung nach die Turbulenzen des Propellers. Dennoch vorteilhaft ist diese Methode bei Segelflugzeugen oder wenn der Schleppsonde außerhalb der Propellwirbel angeordnet werden kann, da je Messpunkt deutlich weniger Flugzeit notwendig ist. Für einmotorige Flugzeuge oder Motorsegler, welche bereits mit einem GPS-System ausgerüstet sind, ist die Fahrtmesserkalibrierung mithilfe GPS-Vierecken vorteilhaft, weil man keine zusätzliche Ausrüstung notwendig ist.

Der Schleppkegel im Rückspiegel der fs35

In der zweiten Hälfte des Sommertreffens haben wir uns und die fs35 für die F-Schlepperprobung vorbereitet. Dazu berichten wir in einem weiteren Blogeintrag.

Für das Team fs35: Michael „Hansi“ Wagner, Akaflieg Stuttgart