Aktueller Stand der Flugleistungsvermessung

In den letzten 60 Jahren sind durch die Flugleistungsvermessung der Idaflieg über 300 Berichte verschiedener Flugzeuge entstanden. Das Verfahren wurde dabei immer wieder den äußeren Bedingungen und Möglichkeiten angepasst. Seit 2015 werden die Messungen wieder unter Betreuung des Deutschen Zentrum für Luft -und Raumfahrt (DLR) Braunschweig durchgeführt.

Die Messplattform

Erst die genaue Kenntnis über die Leistung des Referenzflugzeugs ermöglicht die Reproduzierbarkeit und Validierbarkeit der Ergebnisse. Deshalb spielt die Messplattform und die dazugehörige Polare eine besondere Rolle innerhalb der Flugleistungsvermessung. Aktuell nutzen wird den Discus 2C-DLR als Referenzflugzeug. Dieser trat vor ein paar Jahren Schrittweise die Nachfolge der „heiligen“ DG-300-17 an. Durch die flachere Polare im Schnellflugbereich eignet sich der Discus deutlich besser für die Vermessung moderner Hochleistungsflugzeuge. Die verfeinerte Anpassung der Sinkpolaren wird derzeit mit der ausgiebigen Auswertung der geflogenen Höhenstufen stetig weiter vorangetrieben. Ausgerüstet ist der Discus unter anderem mit einer 5-Loch Sonde an einem Nasenmast mit Drucksensoren, Rudersensoren, einer Inertialmesseinheit, einem experimentellen Autopiloten und einem GNSS-Reciever. 

Der Discus 2c-DLR auf dem Sommertreffen 2019.

Das Verfahren

Mittlerweile werden alle unsere Flugleistungsvermessungen mittels Vergleichsflugmethode durchgeführt. Dabei fliegen das Referenzflugzeug und das zu vermessene Flugzeug eine Formation in ruhiger Luft. Durch die exakte, bekannte Vermessung des Referenzflugzeugs lassen sich deutlich schneller Schlüsse auf die Gleitleistung des zu vermessenden Flugzeugs ziehen, als mit dem Höhenstufenverfahren.

Vergleichsflug in Formation am frühen Morgen.

Die Ergebnisse beruhen hauptsächlich auf der Stau- und Statikdruckmessung des Discus-2C DLR am Nasenmast und einer GNSS Relativmessung. Die Fluggeschwindigkeit des Vergleichsflugzeuges wird über die Relativbewegung mittels RTK Verfahren (Real Time Kinematic) und Addition zur Fluggeschwindigkeit des Discus-2C DLR bestimmt. Die Differenzposition der Flugzeuge zueinander kann über dieses Verfahren sehr genau bestimmt werden.

Ein Messpunkt besteht aus der Mittelung von 60-90 Sekunden langen Abschnitten möglichst gleicher Geschwindigkeit. Die Qualität eines Messabschnitts hängt maßgeblich von den Vermessungspiloten, der Steuerbarkeit des zu vermessenden Flugzeuges und den äußeren Gegebenheiten ab. Zur Validierung werden deshalb eine hohe Anzahl von Messgrößen des Referenzflugzeuges genutzt. Es kann so auf die Turbulenz in der Atmosphäre und auf die Qualität der Messung geschlossen werden. Unsaubere Messabschnitte können so nach der Messung identifiziert und gegebenenfalls wiederholt werden.

Aktuelle Entwicklungen

Die Flugleistungsvermessung wurde, genau wie die Entwicklung von Hochleistungssegelflugzeugen, immer wieder den Neuerungen und Entwicklungen angepasst. In den Anfängen wurden die Polardiagramme durch aufwendige Höhenstufen erflogen und danach die Höhe zwischen zwei Flugzeugen im Flug geschätzt. Die sich stetig verbessernde Flugleistung der Konstruktionen machte es jedoch erforderlich, genauere Messmethoden zu nutzen. Das Vergleichsflugverfahren wurde anfänglich photogrammetrisch durchgeführt, indem am Anfang und am Ende ein Foto gemacht wurde. Diese Bilder wurde später aufwendig geometrisch vermessen und die Relativpositionen beider Flugzeuge ermittelt. Dies wurde von der sensorischen Methode abgelöst, nachdem die Technik so miniaturisiert wurde, dass Drucksensoren und Datenaufzeichnung mit hinreichender Genauigkeit auch in Segelflugzeugen betrieben werden konnten. Somit waren im Gegensatz zu der Fotoauswertung auch Messdaten zwischen Start und Ende eines Messabschnittes möglich. Die sensorische Methode wurde stetig weiterentwickelt. Bei dem aktuellen Verfahren, welches vor allem auf Positionsbestimmung mittels satellitengestützter Navigationssysteme setzt, gibt es immer wieder neue Erkenntnisse, die die Ergebnisse verändern und ergänzen. Bei den Vermessungsberichten sind diese Änderungen in der Messmethode und die verschiedenen Verfahren zu berücksichtigen. Die direkte Vergleichbarkeit der Ergebnisse der einzelnen Messplattformen und Verfahren ist deshalb nicht ohne weiteres möglich.

Die fortschreitenden Entwicklungen im Segelflug erfordern das Messverfahren immer Wieder anzupassen. Hier zu sehen unser altes Vermessungsflugzeug, die „heilige“ DG 300-17 und der aktuelle Discus 2C-DLR.

Einfluss des Abfluggewichts und des besten Gleitens 

Moderne Flugzeuge werden hauptsächlich auf gute Gleitleistungen bei hohen Geschwindigkeiten ausgelegt. Der Einfluss des besten Gleitens, welches oft fälschlicherweise alleine für die Bewertung herangezogen wird, hat für ein modernes Segelflugzeug mittlerweile nur noch wenig Relevanz. Die Leistung moderner Segelflugzeuge zeigt sich im Langsamflug beim Steigen, trotz maximaler Flächenbelastung, und hauptsächlich im höheren Geschwindigkeitsbereich, zur Erreichung hoher Durchschnittsgeschwindigkeiten. Da diese Leistungen im oberen Geschwindigkeitsbereich von den modernen Profilen nur bei hohen Flächenbelastungen erreicht werden, zeigen moderne Flugzeuge ihre beste Leistung nahe ihrem maximalen Abfluggewicht. Deshalb sind wir dazu übergegangen unsere Vermessungen auch bei diesen Massen durchzuführen. Die dadurch entstehenden komplexen Einflüsse auf die Aerodynamik des Flugzeugs erschweren aber einen Vergleich mit älteren Vermessungen, da dies nicht ohne weiteres mit einfachen Formeln auf niedrige Flächenbelastungen umrechenbar ist. Unabdingbar für die Bewertung eines Berichts und den Vergleich mit anderen Flugzeugen ist deshalb die geflogene Abflugmasse in der Vermessung und die Art der erfolgten Umrechnungen. 

Autoren: Kai Rohde-Brandenburger, DLR Braunschweig / Kai Weber, Idaflieg

Fotos: Tobias Barth, Idaflieg