Warum interessiert uns, die Akaflieg Braunschweig, plötzlich die Bremsklappenwirkung unseres letztgebauten Prototypen SB 14, immerhin schon seit 2003 in der Luft? Den Anlass dazu gaben Überlegungen auf eine der zahlreichen Runden bei uns in der Werkstatt, in denen wir den Fortschritt unseres aktuellen Prototypen SB 15 diskutieren. Die SB 15, ein 20m-Doppelsitzer, soll die Tragflügelgeometrie der SB 14 mit 18 Meter Spannweite übernehmen, nur jeweils innen um einen Meter verlängert. Praktischerweise werden dabei auch die Schempp-Hirth-Bremsklappen genauso übernommen, wie sie aktuell an der SB 14 fliegen. Laut der Auslegung der SB 15 reichen diese allerdings nicht aus, um die durch die Bauvorschriften geforderte minimale Gleitzahl von 7 in Landekonfiguration zu erreichen.
Deshalb soll der innere Teil des dreiteiligen Klappensystems am Flügel der SB 15, ähnlich wie bei der SB 10, entkoppelt von den anderen beiden Flügelklappen in Landestellung auf 55° ausfahren und so die Schempp-Hirth-Bremsklappen unterstützen. Dieses Vorhaben erfordert allerdings eine erweiterte und kompliziertere Steuerungskinematik. Mit Blick auf die zur erwartenden problematischen Gewichts- und Platzverhältnisse der SB 15, käme es uns sehr gelegen, wenn wir auf dieses System insgesamt verzichten könnten. Die in der Studienarbeit zu Auslegung der SB 15 getroffenen Annahmen zu den Bremsklappen basieren auf alten Messungen an einer ASH 26 als vergleichbarem Flugzeug zur SB 14. Diese Annahmen wollen wir nun ersetzen durch realistische Werte der SB 14, die nach einhelliger Pilotenmeinung ja „sehr gute“ Bremsklappen besitzt. Vielleicht, so die Hoffnung, sind die Klappen so gut, dass sie auch alleine für die SB 15 ausreichen.
Das Verfahren zur Bestimmung der Bremsklappenwirkung besteht im Ganzen aus zwei Messungen. Einmal wird die Polare mit und einmal ohne ausgefahrenen Bremsklappen ermittelt. Aus der Differenz der Gleitleistung lässt sich dann der Zusatzwiderstand durch die Bremsklappe berechnen. Der erste Punkt, die Vermessung der Polare ohne Bremsklappen wurde bereits durch die Flugleistungsvermessung einige Jahre zuvor abgehakt, sodass wir nur die Polare mit ausgefahrener Bremsklappe ermitteln mussten. Weiter entgegen kommt uns, dass der Geschwindigkeitsbereich eingeengt ist durch die Geschwindigkeitsvorgabe des oben genannten Nachweises des minimalen Gleitwinkels bei 1,3*VS0. So haben wir uns dazu entschieden, einen Bereich von 90 bis 110km/h im Höhenstufenverfahren zu erfliegen.
Bei Höhenstufenverfahren wir eine vorher festgelegte Stufe in der Flughöhe in der gewünschten Konfiguration geflogen und die benötigte Zeit gestoppt. Teilt man die abgeflogene Höhe durch die Zeit, erhält man die Sinkgeschwindigkeit, aus der man mit der Vorfluggeschwindigkeit die Gleitzahl ermittelt. Um vergleichbare Werte zu erhalten, muss noch mit Hilfe von Temperaturdaten auf die Standardatmosphäre umgerechnet werden. Zusätzlich zum Stoppen per Hand haben wir noch die Mini-Messanlage des DLR in die SB 14 eingerüstet, um genaue Druck und GPS-Daten für Höhe und Geschwindigkeit aufzuzeichnen. In Stendal haben wir uns dann zweimal früh morgens auf knapp 3000m schleppen lassen und sind bei der notwendigen ruhigen Luft mehrere Höhenstufen mit jeweils 300m geflogen. Die ermittelten Werte waren in sich stimmig, so dass der fliegerische Teil damit abgeschlossen war. Bei der Auswertung hat sich dann leider gezeigt, dass die getroffenen Annahmen doch ziemlich gut mit den Messungen übereinstimmen und wir nicht drum rumkommen werden, die innerste Flächenklappe als zusätzliche Landeklappe zu verwenden. Es hätte ja klappen können.
Autor: Christian Fettig, Akaflieg Braunschweig