Dieses Jahr sollte auf dem Sommertreffen neben der Flugleistungsvermessung und dem Zachern mal ein etwas naturwissenschaftlicheres Projekt durchgeführt werden. Als Biologin, unter den ganzen Maschinenbauern und Luft- und Raumfahrttechnikern, habe ich mich gefragt wie keimbelastet ein Steuerknüppel in einem Flugzeug ist, in dem gegessen und gepinkelt wird, der angefasst wird nachdem sich die Hände gewaschen worden oder nachdem die Hände durch Arbeit und Bewegung in der Natur verunreinigt sind und ob verschiedene Materialien der Knüppel Unterschiede in der Keimbelastung aufweisen. Um eine kleine Übersicht zu bekommen habe ich mich auf die gängigsten Mikroorganismen beschränkt, mit denen jeder Tag täglich in Berührung kommt.
Hierzu zählen folgende Teststämme:
Escherichia coli– gehört zur Familie der Enterobacteriaceae. Kommt normalerweise im Darm von Warmblütern vor, kann aber auch im Boden oder Wasser nachgewiesen werden. E. coli kann außerhalb des Darms Vereiterungen und Entzündungen beispielsweise als Harnwegs- oder Niereninfektion, sowie Durchfallerkrankungen verursachen.
Bacillus subtilis– gemein auch Heubazillus. B. subtilis ist ein stäbchenförmiges Bakterium und ist ubiquitär (überall) verbreitet. Es kann aus dem Boden, Wasser und der Luft isoliert werden. Anwendung findet es unter anderem in der Medizin zur Behandlung von chronischen Dermatosen und Durchfall oder von intestinalen Störungen, chemo- oder strahlentherapierter Krebspatienten und anderen Krankheiten. Außerdem wird es zur Herstellung von Waschmittelenzymen oder zur Synthese von Riboflavin (Vitamin B12) angewandt.
Enterococcus faecalis– auch Streptococcus faecalis, kommen natürlich im Darm des Menschen und der Tiere vor. Es gibt pathogene (krankheitserregend) und apathogene Stämme dieses Organismus. Pathogene Stämme können Krankenhausinfektionen bei Personen mit geschwächtem Immunsystem auslösen oder beispielsweise zu einer Endokarditis, Blasen-, Prostata- oder Nebenhodeninfektion führen.
Staphylococcus aureus– ist ein Kugelförmiges Bakterium. Es ist ebenfalls ubiquitär verbreitet und kommt somit auch auf Haut und Schleimhäuten warmblütiger Tiere, also auch im Menschen vor. Dieses Bakterium löst bei Menschen und Tieren keine Krankheitssymptome aus, es sei denn das Immunsystem ist stark geschwächt. In diesem Fall kann es beispielsweise zu Hautentzündungen wie Furunkel oder Karbunkel, sowie zu Lungenentzündung, Muskelerkrankungen, Herzinnenhautentzündung oder dem Toxischen Schocksyndrom (TSS) führen.
Aspergillus brasiliensis– ist ein Schimmelpilz. Bei einem geschwächten Immunsystem kann dieser Krankheiten auslösen.
Candida albicans– gehört zu den Hefepilzen. C. albicans kann bei den meisten Menschen auf der Haut oder im Magen-Darm-Trakt nachgewiesen werden.
Für die Abklatschproben wurden Roti®-DipSlides mit CASO-TTC/RBCenr – Nährboden der Firma Carl Roth verwendet. Mit diesen Nährbodenträgern lassen sich die oben beschriebenen Mikroorganismen nachweisen. Um Proben zu nehmen wurde jeweils ein DipSlide an den jeweiligen Knüppel eines Flugzeugs gedrückt und bei Raumtemperatur inkubiert. Nach zwei bis drei Tagen sind die ersten Kolonien gewachsen und konnten ausgewertet werden. Als Kontrolle wurde der Knüppel nach der Probennahme desinfiziert und eine erneute Abklatschprobe genommen. Dabei konnten keine Mikroorganismen mehr nachgewiesen werden.
Je nach Material des Knüppels unterschied sich der Befund in Menge und Art der Mikroorganismen vor der Desinfektion.
Knüppelmaterialien waren Hartplastik, Weicher Schaumstoff, lackiertes Holz, Leder, Kohlefaser und weiches Gummi. Die Tendenz der Gesamtkeimzahl zeigt, dass lackierte Holzknüppel am wenigsten mit einem dieser Mikroorganismen belastet war. Ebenfalls gut abgeschnitten haben die Schaumstoffknüppel. Am höchsten belastet waren einfache Hartplastikknüppel. Da höchstens 3-4% aller auf dem Knüppel vorkommenden Bakterien überhaupt nachweisbar sind, kann dieses Projekt nur einen kleinen Eindruck verschaffen. Die meisten der Mikroorganismen sind nicht auf normalem Nährboden oder auf Platten kultivierbar.
Es lässt sich auch aus Erfahrung sagen, dass das Anfassen der Knüppel keine gesundheitsschädlichen Auswirkungen auf den menschlichen Organismus hat, es sei denn das Immunsystem dessen ist stark geschwächt. Trotz alledem kann es nicht schaden den Knüppel und andere Bedienelemente ab und an zu desinfizieren.
Autor: Inga Weisheit, Akaflieg Braunschweig