Trudelerprobung D-43

Die Flugerprobung eines Flugzeuges beinhaltet viele kritische Erprobungspunkte. Flugversuche bei denen sich der Ausgang des Versuchs zwar abschätzen, eine Gefahrensituation mit Chancen auf Beschädigung oder Verlust des Flugzeugs aber nicht ausschließen lässt. Hierzu gehören neben dem Erstflug und der Flattererprobung auch das Trudeln.
Um das Flugverhalten der D-43 in diesem Flugzustand zu erproben und die notwendigen Flugeigenschaften dem Luftfahrbundesamt gegenüber nachweisen zu können hat die Akaflieg Darmstadt dieses Jahr die Trudelerprobung durchgeführt.

Das Trudeln ist ein Flugzustand bei dem das Flugzeug nach einem einseitig auftretenden Strömungsabriss in eine Form der Autorotation verfällt und in einer steilen Spirale rapide an Höhe verliert. Das Trudelverhalten ist dabei sehr stark abhängig von der Geometrie und der Massenverteilung des Flugzeugs. Somit unterscheiden sich Umdrehungsgeschwindigkeit, Anstellwinkel und Höhenverlust pro Umdrehung von Flugzeug zu Flugzeug stark. Auch das Verhalten beim Ausleiten ist je nach Flugzeugmuster verschieden.

Da die Geometrie des Flugzeugs durch die Konstruktion vorgegeben ist, lassen sich die Trudeleigenschaften hautsächlich durch eine Änderung der Massenverteilung im Flugzeug anzupassen. Allgemein gilt: Je weiter der Schwerpunkt des Flugzeugs vor dem Auftriebsmittelpunkt liegt, desto stabiler fliegt das Flugzeug.

Im Falle des Trudelns bedeutet das, dass das Flugzeug steiler, also stärker gegen den Boden geneigt trudelt. Die Neigung im Trudeln zu bleiben wird bei vorderen Schwerpunktlagen zudem geringer. Die Neigung in eine Steilspirale zu verfallen steigt. Eine Steilspirale birgt die Gefahr, dass das Flugzeug bei hohen Sturzgeschwindigkeiten abgefangen werden muss und dabei seine Strukturgrenzen überschritten werden können.

Bei stark hinterer Schwerpunktlage kann es dazu kommen, dass das Flugzeug kaum aus dem Trudeln herauszubekommen ist. Das Flugzeug gerät in einer solchen Konfiguration meist in eine sehr flache Autorotation. Die Ruder und Flächen werden dabei mit hohen Anstellwinkeln angeströmt. Dies führt zu schlechter Steuerbarkeit, im schlimmsten Fall reagiert das Flugzeug gar nicht mehr auf Steuereingaben.

Ziel der Trudelerprobung ist es nachzuweisen, dass sich das zuzulassende Flugzeug in allen Schwerpunktlagen und Konfigurationen (Fahrwerk bzw. Bremsklappen eingefahren/ ausgefahren) noch hinreichend steuerbar ist und sich wieder zügig in eine normale Fluglage bringen lässt.

Um die Risiken zu minimieren haben wir uns dazu entschieden zunächst Überziehversuche durchzuführen und das Flug- und Abkippverhalten vor dem eigentlichen Trudeln zu erproben. Hierbei hat sich gezeigt, dass die D-43 ab einer Schwerpunktlage von 330mm hinter Bezugsebene erste Tendenzen hat einen einseitigen Strömungsabriss auszubilden. Dies gab uns einen guten Anhaltspunkt, bei welchen Schwerpunktlagen wir die eigentliche Trudelerprobung beginnen sollten.

Der Erprobungsplan sah vor, mit einer mittleren Schwerpunktlage zu beginnen, welche hinter der zuvor Ermittelten Grenze von 330mm liegt. Anschließend sollte der Schwerpunkt in kleinen Schritten bis zur hinteren Schwerpunktlage variiert.

Um die Risiken weiter zu minimieren haben wir eine Trudelkomforte am Leitwerk der D-43 angebracht. Dabei handelt es sich um eine Halterung aus Glasfaser, welche bis zu 1,5 kg Sand und einen kleinen Fallschirm tragen kann. Sowohl Sand als auch Fallschirm sind dabei aus dem Cockpit abwerfbar bzw. auslösbar.
Die Idee hinter dieser Komforte ist, dass man durch das Abwerfen des Sandes den Schwerpunkt in den kopflastigen (stabileren) Bereich bewegen kann und der Fallschirm durch seinen Strömungswiderstand das Leitwerk nach oben zieht. Hierdurch soll der Anstellwinkel verringert werden und die Anströmung der Ruderflächen verbessert werden.

Begonnen wurden die ersten Flüge von Werner „Mikro“ Scholz. Er Startete mit einem Schwerpunktbereich von 373mm h.BE. Die Flugversuche werden in etwa 3000m Höhe begonnen. Nach 3-4 Trudelversuchen a 2-5 Umdrehungen kommt man auf die Sicherheitshöhe von 1000m wo die Versuche unterbrochen werden und das Flugzeug zur Landung bewegt wird.

Werner „Mikro“ Scholz konnte gute Ausleiteigenschaften beim eingestellten Schwerpunkt bescheinigen und ließ sich nicht beirren gleich die ersten Piloten zur Trudelerprobung auszubilden.
Die nächsten Erprobungsflüge wurden von Erik „Holle“ Braun und Stefan „Zischi“ Zistler durchgeführt. Erst zu den hintersten Schwerpunktlagen wurde das Cockpit wieder mit dem, in der Flugerprobung erfahreneren Werner „Mikro“ Scholz besetzt.

Nach 35 Trudelversuchen und 84,5 Trudelumdrehungen in denen wir 12230m abgebaut haben, konnten wir das Trudelverhalten von den Schwerpunktlagen 260mm h.BE. bis 422mm h.BE. erproben und unproblematisches Flug- und Trudelverhalten attestieren. Der Höhenverlust pro Trudelumdrehung hielt sich zwischen 75m und 200m. Hierbei müssen allerdings noch etwa 100m-200m zum Abfangen des Flugzeugs hinzugerechnet werden.

Es hat sich weiter gezeigt, dass die D-43 etwa 0,35 Umdrehungen nachdreht, also etwa 130° nach Einleitung des Steuerbefehls zum Ausleiten, die Drehung stoppte. Dies ist ein recht guter Wert für ein großes und schweres doppelsitziges Segelflugzeug.

Somit ist das Sommertreffen 2019 sehr erfolgreich für uns abgelaufen.
Wir haben es geschafft alle notwendigen Erprobungsflüge durchzuführen um die Zulassung der D-43 voranzutreiben und nebenbei 2 Piloten ausbilden können die Trudelerprobung durchführen zu können.

Autor: Andreas Wieskamp, Akaflieg Darmstadt