1 Motivation
Die Akaflieg Berlin wagt sich (wieder einmal) an einen neuen Prototypen heran. Das Projekt B14 beginnt und die Spezifikationen sind bereits grob klar: Doppelsitzer, 20 Meter Spannweite mit einer automatischen fahrenden Wölb -oder Flächenklappe, wodurch gute Flugleistungen über einen möglichst großen Geschwindigkeitsbereich erreicht werden sollen. Um vor der vollständigen Neuauslegung Erfahrungen mit automatisch fahrenden Steuerflächen zu sammeln, soll für den bestehenden Prototypen B13e eine automatische Ansteuerung der Wölbklappe umgesetzt werden. Ein elektrischer Aktuator ist über eine Kupplung mit dem Wölbklappenhebel verbunden, ein Regler übernimmt die Steuerung des Aktuators abhängig von den Umgebungsparametern. Im Rahmen einer Bachelorarbeit wird dieser Regler ausgelegt. Hier für wird ein flugmechanisches Modell der B13e erstellt, welches die Flugzeugreaktion auf den Wölbklappenausschlag wiederspiegelt.
2 Theorie
Die am Flugzeug angreifenden äußeren Kräfte und Momente erzeugen translatorische und rotatorische Bewegungen. Die angreifenden Kräfte und Momente resultieren aus der Flugzeugmasse (F_G), der Aerodynamik (F_A,M_A) und dem Triebwerk (F_T ,M_T ). Werden nun Auftriebskraft, Widerstandskraft und Nickmoment in Beiwertform dargestellt, so ergibt sich:
Des Weiteren lassen sich die Beiwerte mit dem einfachen linearen Derivativ- Modell der Flugzeuglängsbewegung in Anteile der Steuer -und Zustandsgrößen zerlegen. Diese Derivative gilt es bei der Systemidentifikation zu ermitteln.
Durch Messung der Beschleunigungen und Drehgeschwindigkeiten bzw. Drehraten (p,q,r), des Anstellwinkels und des Staudrucks lassen sich die aerodynamischen Beiwerte während des Flugversuchs messen. Werden darüber hinaus auch alle Messgrößen (α,q*,η) aus den Derivatgleichungen gemessen, können die Derivative bestimmt werden, insofern eine ausreichende Menge an Messpunkten vorliegt. Der Einfluss durch ηK-Derivative soll durch die Differenz der 0-Derivative bei Verschiedenen Wölbklappenstellungen ermittelt werden. Da die gemessenen Daten Messfehlern (z.B. Rauschen) unterliegen, ist es sinnvoll den am besten passenden Wert für das jeweilige Derivativ z.B. über die Methode der kleinsten Fehlerquadrate zu ermitteln. Durch anpassen der Derivativwerte wird der Fehler zwischen dem aus Derivativen berechneten Beiwerten und dem gemessenen Beiwerten minimiert.
3 Messanlage
Für die Erfassung der in dem Theoriekapitel aufgeführten Messgrößen wurde eine Messanlage zusammengestellt. Ein schematischer Überblick ist der folgenden Tabelle 1 gegeben.
4 Vorbereitungen
Ursprünglich sollte schon auf dem Sommertreffen ein vollständiges Steuerungs- System in der B13 getestet werden, schnell wurde jedoch klar, dass zur ordentlichen und sicheren Umsetzung vorauslaufende Tests benötigt werden würden. Insbesondere die Bestimmung des flugmechanischen Modells, welches notwendig für die Regelung der Steuerungsgrößen ist, würde mehr als genug Zeit in Anspruch nehmen. So wurde das Sommertreffen genutzt, um die entsprechenden, im folgenden Abschnitt beschriebenen, Flugversuche durchzuführen. Zur möglichst exakten Bestimmung des Anstellwinkels war es notwendig eine Apparatur an der B13 zu befestigen, welche eine Messung außerhalb der flugzeugnahen Umströmung ermöglicht. Übliche Varianten sind ein Flügelhandschuh (siehe Flugversuche der Mü31) oder ein Nasenmast (siehe Discus 2c-DLR). Aufgrund der vorhandenen Motorenabdeckung im Nasenbereich und der vermeintlich simpleren Umsetzung, entschied man sich für den Bau einer neuen Cowling, inklusive selbstentworfenem Aufbau, welcher den Nasenmast mit Anstellwinkelfähnchen und Fahrtmesser aufnehmen kann. Dies geschah unmittelbar vor dem Sommertreffen und kostete dem einen oder anderen fleißigen Berliner Akaflieger Nerven und Schlaf.
Der Ultraschallsensor, zur Bestimmung des Höhenruderausschlags , wurde unter der Sitzschale an der Steuerstange befestigt. Mittels Kunststoffplatte als Reflektor konnte so laufend der genaue Verfahrweg gemessen und folglich der Ausschlag bestimmt werden. Der Sensor konnte auf einem Board mit dem Gyrometer positioniert werden, welches möglichst nahe dem Schwerpunkt angebracht wurde. Zur Überprüfung der Messungen während des Fluges entschied man sich einen Laptop vorzubereiten, mit dem die Messungen auf festgelegter Flughöhe gestartet und mittels live laufender Diagramme verfolgen konnte.
5 Durchführung und Auswertung
Die Systemidentifizierung erfolgt über ein Elevator 3-2-1-1 Manöver: Dazu wird das Luftfahrzeug zunächst im stationären Horizontalflug ausgetrimmt. Anschließend zieht der Pilot das Höhenruder drei Sekunden lang, gefolgt von zwei Sekunden drücken und je einer Sekunde ziehen und drücken. Danach wird das Höhenruder zurück in die Neutralstellung geführt. Nach anschließendem Abwarten der Flugzeugreaktion (ca. fünf bis zehn Sekunden) wird der Versuch erneut durchgeführt, allerdings mit invertierter Höhenruderamplitude (Siehe Abbildung 3). Durch dieses Manöver wird das Flugzeug über ein möglichst breites Frequenzband angeregt. Dieses Manöver wird für fünf (+2,+1,0,1,2) verschiedenen Wölbklappenstellungen durchgeführt.
Die ermittelten Derivative sind in Tabelle 2 dargestellt. Um die Ergebnisse besser einzuordnen, sind Schätzwerte angegeben. Die Schätzwerte beruhen größtenteils auf den erflogenen Polaren der B13 sowie auf Formeln aus dem „Flugmechanik 2 (Flugdynamik)“ Skript von Prof. Dr.-Ing. Robert Luckner. Ein Großteil der Auftriebsderivative liegt im erwarteten Bereich. Lediglich C_Aq unterscheidet sich um gut eine Größenordnung. Dies liegt wahrscheinlich daran, dass q* sehr klein im Vergleich zu α und η ist, wodurch der Einfluss dieses
Derivatives auf den Gesamtauftriebsbeiwert eher gering und somit schwer zu messen ist. Sämtliche Widerstandsbeiwerte entsprechen nicht den Erwartungen. Dies könnte daran liegen, dass die Beschleunigungskraft in x-Richtung ax zwar gemessen, jedoch aufgrund eines Missverständnisses nicht aufgezeichnet wurde. Dies hat auch einen Einfluss auf den Auftriebsbeiwert, jedoch wirkt sich ax vor allem auf den Widerstandsbeiwert aus, wegen der Multiplikation mit dem Cosinus von Alpha statt mit dem Sinus von Alpha beim Auftriebsbeiwert. Beim Momentenbeiwert herrscht weitestgehend Übereinstimmung mit den Erwartungswerten. Auffällig ist der niedrige Wert von Cm0, sowie der negative Wert von C_mηK. Durch das Fahren von Hinterkantenflügelklappen müsste sich das Nullmoment vergrößern, sprich C_mηK positiv sein. Das Gegenteil ist der Fall, eventuell könnte ein Vorzeichenfehler vorliegen. Allgemein bleibt zu erwähnen, dass die Aufzeichnungsrate mit 20 Hz recht gering ist, was sich auch auf die Genauigkeit auswirken kann.
Autoren: Felix Fritzsche (Akaflieg Berlin) & Tobias Beelitz (Akaflieg Berlin)